Überall
Freiheit mit den schwarzen Augen,
Wachst du auf dem Tiberstrande?
Freiheit mit den blauen Augen,
Schläfst du noch im deutschen Lande?
Schürze wieder dich zum Tanze!
Weiße Schweizer-Gletscherfirne,
Röte dich im Morgenglanze!
Und du, schlanke Nereide,
Tauch aus deinen blauen Wogen!
Hat dich nicht dein falscher Friede,
Arme Hellas, arg betrogen?
Du dann mit dem Todesmute
Und gebrochenem Schwunggefieder:
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Gottfried Keller
Bildquelle: https://en.wikipedia.org/
wiki/Gottfried_Keller
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Rausche wieder, steige wieder!
Hebt den Schild, ihr Schutzpatrone
Aller Völker, auf zum Streite!
Fechtet eine Siegeskrone,
Die sich über alle breite!
Streifet ab die alten Sünden,
Denn geläutert und gereinigt
Sollt ihr euch zum Feste finden
Das nur Würdige vereinigt!
(Gottfried Keller, 1843)
Analyse
Autor
Gottfried Keller lebte von 19.07.1819 bis 15.07.1890 also wurde er 70 Jahre alt. Sein Leben begann und endete in Zürich, Schweiz. Gottfried Kellers Eltern hiessen Rudolf und Elisabeth Keller. Er hatte fünf Geschwister von denen alle ausser eines im frühen Kindesalter starben. Der Vater starb ebenfalls früh. Gottfried Keller besuchte viele verschiedene Schulen. Er hatte schon früh eine Begabung in Malerei und im Schreiben und wollte daher zuerst Maler und dann Poet/Dichter werden. Später zeigte sich Gottfried Keller auch politisch interessiert, so setzte er sich für die Unabhängigkeit und Freiheit der Schweiz ein, natürlich auch in Form von Gedichten wie diesem hier.
Inhaltsangabe
Das Gedicht "Überall" handelt in der ersten Strophe von verschiedenen Ländern (Schweiz/Deutschland/Italien) und ihrer Freiheit. Deutschland wird als trikolore Dirne angesprochen und bei der Schweiz wird von der Gletscherfirne gesprochen.
In der zweiten Strophe geht es um die Schweiz, die beschrieben wird als Nereide (Nymphen), als arme Hellas und als Aar (Vogel).
In der dritten Strophe wird zum Kampf aufgerufen der vereinigen soll aber auch Verlierer schafft. Der Kampf ist in Europa auch zwischen den vorher genannten Ländern (Schweiz/Deutschland/Italien).
"Grafische" Darstellung
Das Gedicht besteht aus drei Strophen zu je acht Versen, die Kreuzreime (abab) aufweisen. Der Reim in Vers 9 und in Vers 11 ist unrein ("Nereide" – "Friede"). Die Verse sind in einem vierhebigen Trochäus mit weiblicher Kadenz verfasst.
Wann & Wo
Im Jahr 1843 in dem das Gedicht geschrieben wurde war die Schweiz sehr offener als andere Länder und war deshalb auch abhängiger von Grossmächten. Gottfried Keller wollte aber die Unabhängigkeit von Grossmächten.
Veranschaulichung des Themas
Vor allem am Anfang wird die Freiheit direkt angesprochen. Die Freiheit mit den schwarzen Augen und die mit den blauen. Damit sind die freien Leute aus diesen Ländern gemeint. Blaue und schwarze Augen wahrscheinlich weil das die am häufigsten vorkommende Augenfarbe an diesen Orten ist. Tiberstrand ist in Italien, dort sind die schwarzen Augen und in Deutschland sind die blauen Augen. Es wird nach Freiheit gestrebt.
Stimmung & lyrisches Ich/Du
Die Stimmung ist begeisternd, entschlossen oder auch heiter, denn das regelmässige Metrum weist auf einen harmonischen, gleitenden Rhythmus hin.
Das lyrische Ich spricht viele verschiedene Personen, Wesen oder Bildlichkeiten an. Es will sie dazu aufrufen in dem Kampf für Freiheit zu ziehen. Das lyrische Du sind somit alle Länder, die angesprochen werden. Das lyrische Ich stellt sich nicht vor, jedoch vertritt sein Aufruf Gottfried Kellers Ansichten und es könnte sein das es seine Rede ist also das er derjenige ist der zu diesen Leuten spricht. Sicher hat seine Sicht in diesem Gedicht auch eine Rolle gespielt.
Besonderheiten in Sprache, Thema, Satzbau, Wortwahl, Stil, Bildlichkeit/Stilmittel
Besonders ist für heutige Verhältnisse die Wortwahl, da das Gedicht aus dem 19. Jahrhundert stammt und es somit ein etwas älteres Deutsch ist. Die Wortwahl ist auch sehr ausgeschmückt. Ausserdem werden viele Bildlichkeiten/Stilmittel werden verwendet und so wurden auch die Länder umschrieben wie zum Beispiel:
Der weisse Aar im roten Blute, der für die Schweizer Flagge steht, der Aar ist das Kreuz das Blut das rot drum herum. Oder auch die trikolore Dirne als Deutschland (es wurde auch wieder von der Flagge, die trikolore, also dreifarbig ist gesprochen).
Wie passend zum Thema & den anderen Gedichten
Da die Gedichte/ Lieder/Poetry-Slams verschiedene Auffassungen von Freiheit haben sind sie daher schwer zu vergleichen. Jedoch enthalten sie alle Freiheit auf ihre Weise. Dieses habe ich als Hauptgedicht gewählt, weil es ein schönes Reimschema hat und sich von den anderen noch etwas stärker unterscheidet, indem hier auch eine politische Ansicht auf das Thema hat und nicht nur auf einzelne Menschen bezogen ist sondern auf ganze Länder. Ich denke man braucht auch ein wenig Hintergrundwissen, welches ich bei Wann & Wo aufgeführt habe, um zu verstehen inwiefern das Gedicht mit Freiheit in Verbindung gebracht werden kann.
Quelle: Artemis Verlag (Hrsg.), Gottfried Keller IV gesammelte Gedichte und Erzählungen aus dem Nachlass, Erfurt 1984, S. 250.
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